Inhalt
{{postCount}} Kunst im Grünen
© Daniel Marquardt/ pars pro toto, VG Bild-Kunst, Bonn 2025

Kunst im Grünen

Ein Hamburger Sammler hat einen alten Park gekauft. Und ihn in einen märchenhaften Ort für Skulpturen und zeitgenössische Kunst verwandelt. Zu Besuch im Woods Art Institute in Wentorf

Ein Nachmittag im Spätsommer. Die Sonne steht tief und taucht die Welt in warmes Licht. Vom Bahnhof Reinbek sind wir vor ein paar Minuten losspaziert, vorbei am Renaissance-Schloss Reinbek und weiter am Mühlenteich entlang bis in den westlichen Ausläufer des Sachsenwalds hinein. Fast hätten wir es übersehen: W A I steht da in weißen Lettern auf dunklem Holz gleich neben einem weit geöffneten Eingangstor, das in einen Park hineinführt. Das Akronym steht für Woods Art Institute. Wir treten ein.

© Daniel Marquardt/ pars pro toto
„An etwas anderes denken“: Das Woods Art Institute liegt am Sachsenwald. Und lädt zu neuen Sichtweisen ein
© Kathrin Kosaca-Fuchs
Miniaturfigur der Brüder Jake und Dinos Chapman
© Daniel Marquardt/ pars pro toto, VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Wo Kunst mit Natur verschmilzt: Durch große Fensterfronten fällt viel Licht auf die Sammlung von Rik Reinking
© WAI , VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Die Steinskulptur einer ruhenden Frau stammt von Bildhauerin Laura Eckert
© WAI, VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Immer wieder tauchen im zehn Hektar großen Park Kunstwerke auf

Über allem liegt große, wohltuende Stille

Letzte Sonnenstrahlen fallen durch die Blätter der alten Trauerbuchen. Eine Reihe von Gebäuden duckt sich darunter – eine alte Villa, reetgedeckte Fachwerkhäuser, eine moderne Galerie. Über allem liegt eine große, wohltuende Stille, nur ein paar Vögel singen ihre Weisen. Wir sehen uns um im weitläufigen, zehn Hektar großen Landschaftspark, der sich sanft zum Flüsschen Bille neigt. Unser Blick fällt auf einen Kreis aus fünf Stelen aus rostrotem Cortenstahl. Auf jeder Stele steht, zinnfigurengleich, eine winzige Skulptur, nur wenige Zentimeter hoch. Eine scheint sich die Haare zu raufen. Ein paar Schritte weiter sitzt am Wegesrand ein kleiner, goldener Fuchs. Dann das historische Freischwimmbad mit der rosafarbenen Skulptur! Sie hat zwei Öffnungen, die uns anblicken wie Augen. Als wir um die Skulptur herumgehen, entdecken wir an ihrer Rückseite einen kleinen Ruheplatz. Was für ein herrlicher Ort zum Gucken, zum Lesen, zum Nachdenken!
Rund 80 Kunstwerke sind im Park verteilt. Beispielsweise eine vier Meter hohe Bronzeskulptur, aus der Wasser in einen Brunnen tröpfelt – und die bei näherem Hinsehen aus Fleischwölfen zusammengesetzt ist. Der Park ist wie eine große Wundertüte, aus der wir die aufregendsten Schätze ziehen. Er stimuliert unseren Entdeckungsgeist. Es ist ein bisschen wie beim Ostereiersuchen im Garten – hinter jedem Strauch, unter jedem Baum vermuten wir jetzt eine Überraschung, eine weitere aufregende Kombination aus zeitgenössischer Kunst in historischer Parkatmosphäre.
Der Hamburger Kunstsammler Rik Reinking und seine Frau Anna-Julia, die – zusammen mit Frida, der Weimaranerhündin – die Besucher und Besucherinnen im Shop des Ausstellungshauses begrüßen, freuen sich, als wir ihnen von unseren Eindrücken erzählen. Sie haben im Jahr 2017 das große, verwilderte Gelände samt höchst renovierungsbedürftigem Herrenhaus im Tudor-Stil – die Villa Weltevreden –, Wirtschaftsgebäuden und einem ehemaligen Schulgebäude erworben. Und dort das Woods Art Institute gegründet.

Auch temporäre Ausstellungen werden im WAI veranstaltet

© Kathrin Kosaca-Fuchs, VG Bild-Kunst, Bonn 2025
„35 Years Of Graffiti Art“ heißt die temporäre Ausstellung von Mirko Reisser im WAI
© Kathrin Kosaca-Fuchs, VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Mirko Reisser führt selbst durch die Ausstellung seiner Werke
© Kathrin Kosaca-Fuchs, VG Bild-Kunst, Bonn 2025
Begegnung am Wegesrand: Skulptur „Enterich“ von Joakim Ojanen

„Uns geht es um einen harmonischen Dreiklang aus Architektur, Kunst und Natur“, erklärt Rik Reinking das Konzept. Seine Sammlung hat nicht nur im Park Platz gefunden, den das Ehepaar wieder instand gesetzt hat, sondern auch in den modernen Galerien, wo die Natur durch großzügige Fensterfronten hineinschaut. „Wir verstehen uns als interdisziplinären Ort der Begegnung für die Bildenden Künste, Tanz und Performance, Musik und Literatur“, erzählt Anna-Julia Reinking beim Gang durch die Anlage und zeigt uns die Ateliers für einheimische und internationale Künstler und Künstlerinnen. Das WAI veranstaltet auch immer wieder wechselnde Ausstellungen, wie etwa des Hamburger Graffiti-Künstlers Mirko Reisser, der unter dem Namen DAIM international bekannt ist. „Das WAI war für diese Rückschau auf meine 35-jährige Karriere der perfekte Ort“, freut sich der Künstler, den wir zufällig im Park treffen. Und wir freuen uns mit ihm. Denn das Woods Art Institute ist ein Ort, an dem man Kunst nicht nur sieht, sondern auch spürt. Sie erlebt. Sie auf sich wirken lassen kann. Der Park ist der perfekte Ort zum Runterkommen. Wunderbar lässt es sich unter alten Apfelbäumen verweilen und beherzigen, was einem das Schild am Parkeingang als Ratschlag mit auf den Weg gibt: „An etwas anderes denken.“ Und das tut einfach gut.

Mehr Informationen

Mehr Informationen über das Woods Art Institute erhalten Sie auf der Website.

Zur Website