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{{postCount}} Neujahrs-Anbaden in Schleswig-Holstein
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Neujahrs-Anbaden in Schleswig-Holstein


In Schleswig-Holstein wird das neue Jahr mit einer — im wahrsten Wortsinn — atemberaubenden Tradition begrüßt: Beim Neujahrs-Anbaden wagen sich Menschen ins eiskalte Wasser von Nord- und Ostsee

Gänsehaut. Die Wassertemperatur beträgt vier Grad, die Luft hat nur zwei Grad mehr. Dazu Nieselregen. Dennoch versammeln sich über tausend halbnackte Menschen, nur mit Badeanzug und Wollmütze bekleidet, an verschiedenen Stränden von Nord- und Ostsee. Auf Kommando gehen sie ins Wasser. Langsam und gemeinsam. Johlend und unter dem Applaus vieler Schaulustiger und Bewunderer. Neujahrs-Anbaden nennt sich das Winterschwimm-Event am 1. Januar, das in Schleswig-Holstein zur beliebten Tradition geworden ist. Egal wie kalt und ungemütlich Wind, Wetter und Wasser sind, die Veranstaltung zieht jedes Jahr mehr Menschen in ihren Bann – und ins kalte Wasser. Für sie ist der Kälteschock der schönste nur denkbare Kickstart ins neue Jahr. Denn sie überwinden dabei Grenzen. Konzentrieren sich meditativ auf ihre Atmung. Durchblutung und Stoffwechsel werden angeregt, der Körper schüttet Glückshormone wie Endorphin und Dopamin im Überfluss aus. Neue Energie fließt durch die Adern. Kann man das Neue Jahr besser beginnen? Winterbader finden: auf gar keinen Fall!

Für den eiskalten Sinnesrausch gibt es zahlreiche offizielle Anbade-Orte an den Küsten, die von Rettungsschwimmern gesichert werden. Wie die Seebadeanstalt Holtenau, wo sich zum Jahresbeginn 2025 rund 200 Menschen in die eiskalten Fluten wagten. In Grömitz trafen sich 636 Hartgesottene, Eckernförde zählte mehr als 70 Eiswasser-Enthusiasten. Oft wird das Event wie ein Volksfest gefeiert, mit DJs, Partys und Ständen mit heißen Getränken, Suppen und Schmalzstullen. In mobilen Saunen können sich die Eisbader wieder aufwärmen. 

Doch wer erfand das Neujahrs-Anbaden? Ganz klar ist das nicht. Einige Quellen nennen Scharbeutz, wo 1947 das erste Neujahrs-Anbaden an der Ostsee stattfand. Andere verweisen auf die Niederlande, wo am Neujahrstag 1960 der Schwimmclub von Scheveningen das „Nieuwjaarsduik“ einführte. Diese entwickelte sich zu einer großen Erfolgswelle mit eigener Etikette: orangefarbene Badebekleidung, gemeinsamer Countdown, Sprung in die Nordsee um exakt 12 Uhr – und anschließend Erbsensuppe für alle. Auch in Dänemark wird das neue Jahr schon lange angebadet und selbst in der Toskana stürzen sich die doch so leicht frierenden Italiener am 1. Januar ins kalte Tyrrhenische Meer. Mit dem Boom des Eisschwimmens während der Corona-Pandemie erhielt das Neujahrsvergnügen nachhaltigen Auftrieb. Kein Wunder, denn das gesellschaftliche Event mitten in der Natur hat viele positive Effekte auf Körper, Geist und Seele. Wer das Neue Jahr mit einem Sprung ins kalte Wasser beginnt, den kann so schnell nichts mehr erschüttern. Noch ein Gänsehaut-Phänomen.